Manfred Mittermayer
Konstanze Fliedl ist für mich nicht nur eine schätzenswerte Fachkollegin, die ihre Profession über viele Jahre im Spitzensegment der internationalen Germanistik mit beeindruckendem Wissen und Urteilsvermögen vertreten hat, sondern auch eine intellektuelle Persönlichkeit, deren Ernsthaftigkeit und Integrität mich stets beeindruckt haben.
Zum ersten Mal habe ich sie als Jurorin beim Ingeborg-Bachmann-Preis wahrgenommen. Das bedeutete – nach vorangegangenen Jahren der Selbstdarstellung und des Auslebens individueller Eitelkeit mancher Jurymitglieder – eine wohltuende Konzentration auf die Sache und der Versuch, sich nicht auf Kosten der Autorinnen und Autoren zu profilieren, sondern mit aller fachlichen Kompetenz deren literarischer Arbeit gerecht zu werden.
Schon dabei fiel mir auf, was ich bei all ihren schriftlichen Arbeiten und öffentlichen Auftritten wiederfand: Da trug jemand nicht nur eine trockene Gelehrtensprache vor, sondern beherrschte bei aller Sachbezogenheit gleichzeitig die Kunst der brillanten Formulierung, die das Vergnügen an der treffenden Benennung genauso umfasst wie die Lust an der erhellenden Pointe – wobei das Ausgesagte bei allem sprachlichen Reichtum stets klar und verständlich bleibt.
In ihrer Salzburger Zeit war Konstanze Fliedl dann als Professorin meine Kollegin im Institut für Germanistik, zeitweise auch meine Dienstvorgesetzte. Dabei habe ich ihre Herzlichkeit im persönlichen Umgang erlebt, aber auch die respektvolle Weise, wie sie bei inhaltlichen Diskussionen aufgetreten ist. Deshalb war es für mich ein großer Verlust für mein berufliches Umfeld, als sie nach Wien zurückging.
Seither habe ich aus der Ferne – und bei gelegentlichen freundschaftlichen Begegnungen – weiterhin von ihrer Klugheit und Sachkenntnis profitieren können. Wenn ich mich etwa über Schnitzler informieren will, greife ich zuerst zu ihren Arbeiten. Und auch sonst weiß ich, dass ich Texte, deren Autorin Konstanze Fliedl ist, stets mit großem Gewinn und mit Vergnügen lesen werde.
Liebe Konstanze, ich wünsche dir von Herzen, dass du die lange Liste an Titeln, aus der ich mich dafür bedienen kann, in den kommenden – von den sogenannten „Dienstpflichten“ befreiten – Jahren nach deinen Interessen und Plänen noch erweitern kannst, und dass du daneben genug Zeit für all jene erfreulichen Beschäftigungen hast, die du dir im Getriebe des akademischen Alltags wohl oft auch hast versagen müssen.
Manfred Mittermayer, Literaturarchiv Salzburg / Rauriser Literaturtage