Bernhard Oberreither
Liebe Konstanze Fliedl,
zu den glücklichen Fügungen in meinem Leben gehört, dass ich vor mittlerweile über zehn Jahren in Ihrem Seminar „Theatertexte“ saß; eine meiner ersten Lehrveranstaltungen an der Universität Wien. Dass damals eine Anstellung draus wurde, schreibe ich einem großen Vertrauensvorschuss zu. Er ermöglichte mir in den kommenden Jahren, zu beobachten, wie man im Umgang mit dem literarischen Text die immer noch feinere Klinge, den immer noch fruchtbareren Kontext findet, wie man innerhalb und außerhalb des Wissenschaftsbetriebs Humor mit Engagement vereint, wie man dem Ungeist mit Schlagfertigkeit, der Bürokratie mit Hinnahme, technischen Hürden mit Gleichmut (und einer Dosis Ironie) begegnet.
Unter Ihrer Betreuung wuchs dann, Kapitel für Kapitel, meine Dissertation. Der Plan war, sie zu beenden, bevor meine Tochter „Dissertation“ sagen kann, als sie dann fertig war, konnte es schon fast der Sohn. Sie haben diese Arbeit behutsam begleitet; wo man beim Schreiben mitunter Scheuklappen trägt, verdanke ich Ihnen die nötige Orientierung, sowie die Einsicht, dass man zwischendurch zum Wohl des Texts den selbstauferlegten Systemzwängen entsagen kann.
Über zehn Jahre ist dieses erste Seminar her, wie gesagt. Angesichts der hier für diese Website eintrudelnden Gruß- und Dankesworte wird sehr deutlich, dass diese Zeit nur ein kleiner Ausschnitt gewesen ist. Das Institut – das ich etwas vor Ihnen verlassen habe – kann ich mir schwer ohne Sie vorstellen, und ich bin froh, mich den vielen Bekundungen, dass Sie fehlen werden, nicht anschließen zu müssen: weil Sie der Arbeitsstelle für Corpora und Editionen erhalten bleiben. Dass Sie daran viel Freude haben – und dennoch genug Zeit für Enkelkinder und anderes bleibt –, wünscht Ihnen herzlich
Bernhard Oberreither